Oops, wer hat das Formular gegessen?

Urteil wegen Verletzung von Fotorechten auf Amazon (Urteil des LG Köln vom 04.08.2022, Az: 14 O 327/21) - wichtige urheberrechtliche Haftungsfragen zu Fotoproblematiken - Erste Instanz durch uns gewonnen

Aus gegebenem Anlass möchten wir über einen aktuellen Fall berichten, den wir zu Gunsten unserer Mandantschaft in der ersten Instanz vor dem Landgericht Köln erstritten haben. Gegenstand der Auseinandersetzung war die Verwendung zweier Fotos unserer Mandantschaft, an denen dieser die ausschließlichen Nutzungs- und Verwertungsrechte zustehen. Bei unserer Mandantin handelt es sich um eine Designerin sowie Herausgeberin im Bereich der Kunst, die ebenfalls als Fotografin tätig ist und zusammen mit ihrem Lebenspartner, ebenfalls einem Künstler, ein Bilderwerk in Form eines gedruckten Bildbandes herausgebracht hat.

Bei der Beklagten handelte es sich um eine Onlinehändlerin, die im besonders großen Ausmaß im Bereich gebrauchter Medien, insbesondere im Bereich Bücher, tätig ist. Laut eigenen Angaben in dem vor dem Landgericht Köln geführten Verfahren vertreibt die Gegnerin alleine auf dem Portal Amazon jährlich 7,6 Millionen Artikel. Pro Tag entspricht dies einem Verkauf um die 20.000 bis 22.000 Artikel.

In diesem Zusammenhang wandte sich unsere spätere Mandantin an uns und teilte uns mit, dass sie feststellen musste, dass in dem Onlineshop, welcher durch die Gegenseite auf Amazon geführt wurde, Fotos verwendet werden, die durch unsere Mandantin selber erstellt wurden. Es handelte sich hierbei um Fotos, die einen Ausschnitt aus dem Bilderband unserer Mandantschaft und dem ihres Ehemannes zeigten, welcher durch die Gegenseite verkauft wurde. Die Besonderheit bestand hierbei darin, dass es sich hierbei um zwei Produktfotos handelte, die durch unsere Mandantin persönlich angefertigt wurden.

Unsere Mandantin hat als Künstlerin selber keinerlei vertragliche Beziehung zu Amazon.

Die Gegenseite wurde sodann auftragsgemäß durch uns zunächst außergerichtlich abgemahnt und hierbei unter anderem dazu aufgefordert, eine die Wiederholungsgefahr ausräumende strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben. Dies erfolgte jedoch nicht.

Unsere Mandantin entschloss sich sodann konsequent, die ihr zustehenden Ansprüche gerichtlich geltend zu machen.

Interessant an diesem Fall ist insbesondere der Vortrag, der sodann als Verteidigung durch die Gegenseite im gerichtlichen Verfahren erfolgte. Zunächst erfolgten ausführliche Darlegungen zur Funktionsweise des Marktplatzes Amazon. Es wurde sodann durch die Gegenseite behauptet, dass diese selber keine Möglichkeit gehabt hätte, Änderungen an den Fotos unter der hier konkreten ASIN vorzunehmen. Vielmehr wurde sich hierbei auf den Standpunkt gestellt, dass der Rechteinhaber, mithin unsere Mandantin, verpflichtet gewesen wäre, eine entsprechende Meldung an Amazon zu senden und damit auf die Löschung der Bilder hinzuwirken. Die Gegenseite verteidigte sich unter anderem damit, dass unsere Mandantin nicht Urheberin der Fotos respektive ausschließlich Nutzungsberechtigte sei, was jedoch sodann im Prozess leicht durch die Vorlage der Originaldateien widerlegt konnte. Unter anderem argumentierte die Gegenseite auch damit, dass sie schließlich nach Erhalt der Abmahnung versucht habe, die Fotos zu entfernen. Sie treffe auch keinerlei Verantwortung, da aufgrund ihrer Größe und der Anzahl der Verkäufe entsprechende Angebote durch sie voll automatisiert eingestellt werden. Es erfolge eine voll automatisierte Massenauflistung über das sogenannte Marketing-Webservices-Tool. Insofern treffe die Beklagte keinerlei Verantwortung, da das vorliegende Angebot nicht von der Gegenseite selbst angelegt worden sei. Sie habe selbst die streitgegenständlichen Bilder nicht bei Amazon hochgeladen.

Ferner sei an dem Tag der Abmahnung auch Amazon informiert worden, jedoch habe Amazon nicht reagiert.

Die Beklagte hat hierbei die Ansicht vertreten, dass sie weder als Täterin noch als Störerin einer Urheberrechtsverletzung hafte. Sie habe sich die entsprechenden Inhalte nicht zu eigen gemacht. Sie treffe als besonders großer Onlinehändler keine allgemeine Kontrollpflicht, dies ergebe sich im Umkehrschluss daraus, dass sie noch nicht einmal die Möglichkeit habe, die Rechtsverletzung auf Amazon einzustellen. Insoweit könne sie sich letztendlich genauso wie Amazon selbst auf die gleichen Haftungsprivilegierungen berufen, wonach eine Haftung nicht bestünde.

Die Entscheidung des Gerichts:

Das Landgericht Köln hat nach einem intensiven schriftsätzlichen Austausch in dieser Angelegenheit der Ansicht der Gegenseite vollumfänglich und im Übrigen folgerichtig eine Absage erteilt. Das Landgericht Köln ist hierbei zu dem eindeutigen Ergebnis gekommen, dass die Gegenseite sowohl als Störerin als auch als Täterin haftet. Insoweit haben wir bereits während des ganzen Prozesses diese Argumentation für recht kühn gehalten, da durch die Gegenseite verkürzt vorgetragen wurde: „Da wir so groß sind, können wir nicht alles kontrollieren und deshalb haften wir nicht“.

Würde man eine solche Rechtsansicht zulassen, würde dies natürlich automatisiert zu uferlosen Folgen von Urheberrechtsverletzungen führen, da sich Händler, insbesondere auf Amazon oder auch durchaus auf anderen Portalen damit verteidigen könnten, keine Kontrolle über die Angebote zu haben und daher eine Haftung ausgeschlossen sei. Das Landgericht Köln hat in der konsequenten Fortführung seiner Rechtsprechung, und insbesondere unter Heranziehung der Erwägungen des Bundesgerichtshofes zu anderen Rechtsgebieten festgestellt, dass insbesondere die Gefahr, dass der Plattformbetreiber bei einem Angebot unter dessen alleiniger Entscheidung … Lichtbilder ohne ausreichende Berechtigung verwendet, für die Beklagte nicht allgemein unvorhersehbar ist. Der Gegenseite war als Händlerin daher diese Gefahr zuzurechnen, da diese durch das Gericht als adäquat kausale Folge der Angebotserstellung angesehen wird.

Unter Vertiefung seiner Ausführungen hat das Landgericht Köln in dem von uns vertretenen Verfahren festgestellt, dass weiterhin Folgendes gilt:

„Demnach gilt weiterhin, dass ein Anbieter, welcher seine Produkte auf der Verkaufsplattform Amazon eingepflegt hat, sich die dortigen Angaben für das von ihm als Verkäufer angebotene und beworbene Produkt zu eigen macht. Dies gilt auch dann, wenn die Beklagte selbst nicht die streitgegenständlichen Lichtbilder in ihre Angebote eingeblendet hat, sondern die Zuordnung der Lichtbilder zu dem Angebot von Seiten des Unternehmens Amazon erfolgt und die Beklagte auf die Auswahl der Lichtbilder keinen Einfluss hat.“

Das Interessante an diesem Fall war vor allem die Argumentation der Gegenseite, die sich tatsächlich auf den Standpunkt stellte, dass sie letztendlich aufgrund der Größe ihres Unternehmens respektive der Anzahl der Angebote selbst in den Genuss einer Haftungsprivilegierung kommen müsse. Würde man eine solche Argumentation zulassen, wäre bereits die Frage, wann diese Haftungsprivilegierung beginnt. Diese Grenzen wären sicherlich fließend. Wie oben jedoch bereits ausgeführt, würde dies zu einer uferlosen potentiellen Gefahr für Rechteinhaber führen, die sicherlich ebenfalls nicht hinzunehmen wären.

Wir weisen darauf hin, dass das hier beschriebene Urteil noch nicht rechtskräftig ist.

Sollten auch Sie Betroffener einer Bildverwendung auf Amazon sein, stehen wir Ihnen bundesweit mit unserer Hilfe zur Verfügung. Wir vertreten gerade rund um die Plattform Amazon zahlreiche Händler, die einerseits selbst auf Amazon tätig sind, sowie insbesondere auch Dritte, die durch Angebote auf Amazon ihre Rechte, insbesondere im Urheberrecht, Markenrecht, Wettbewerbsrecht oder auch im Designrecht verletzt sehen.

Wir freuen uns auf Ihre Kontaktaufnahme.

Update:

Gegen das Urteil wurde durch die Gegenseite Berufung vor das OLG Köln eingelegt - wir werden weiter berichten.

Wir benutzen Cookies, Schriften und Videos

Auf unserer Website kommen verschiedene Cookies zum Einsatz. Technische, funktionale und solche zur Analyse. Sie können unsere Seite grundsätzlich auch ohne das Nutzen von Cookies zur Matomo Webanalyse nutzen. Auch bindet unsere Website Schriften und Videos von externen Quellen wie Adobe oder YouTube ein. Hinsichtlich des Datenschutzes erhalten Sie weitere Informationen zur Datenerhebung und -weiterleitung in unserer Datenschutzerklärung.

Bitte beachten Sie, dass bei einer Ablehnung womöglich nicht mehr alle Funktionalitäten der Seite zur Verfügung stehen.