Oops, wer hat das Formular gegessen?

Mandantin der Kanzlei Heidicker obsiegt auch in zweiter Instanz wegen Verletzung von Fotorechten auf Amazon (Urteil des OLG Köln vom 24.02.2023, AZ: 6 U 137/22)

Der Fall soll nochmals kurz zusammengefasst werden:

Unserer Mandantschaft, eine Designerin im Bereich der Kunst, welche ebenfalls als Fotografin tätig ist, standen die ausschließlichen Nutzungsrechte zweier Fotos zu, welche von der Gegenseite, einer großen Onlinehändlerin im Bereich gebrauchter Medien, auf Amazon verwendet wurde. Hierbei handelt es sich um Fotos, die einen Ausschnitt aus dem Bilderband unserer Mandantschaft zeigten. Diese wurden von unserer Mandantschaft persönlich angefertigt. Etwaige vertragliche Beziehungen zu Amazon bestanden von unserer Partei nicht. Die Gegnerin hatte sich in an dieses Angebot angehängt und wurde in der Folge durch unsere Kanzlei auf Unterlassung zunächst außergerichtlich in Anspruch genommen.

Somit musste die Frage beatwortet werden, ob ein auf dem Marketplace von Amazon.de tätiger Verkäufer, wie die Beklagte, eine urheberrechtswidrige Handlung begeht, wenn in Folge der Angabe einer ASIN durch den Verkäufer automatisiert eine Verknüpfung des angebotenen Produktes mit einem urheberrechtlich geschützten Lichtbild hergestellt wird, ohne dass der Verkäufer zuvor auf die Auswahl der Lichtbilder Einfluss nehmen kann.

Das Landgericht Köln hatte die Beklagte in der ersten Instanz vollumfänglich entsprechend des gestellten Antrages verurteilt – insbesondere, es zu unterlassen, die streitgegenständlichen Lichtbilder öffentlich zugänglich zu machen. Hierüber hatten wir berichtet.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Bilder durch das Angebot der Beklagten auf Amazon.de öffentlich zugänglich gemacht wurden, wofür die Beklagte auch als Täterin haftet. Dies geschah unter Rückgriff auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zum Markenrecht und zum UWG. Die Gefahr einer potentiellen Rechtsverletzung ergebe sich demnach bereits als adäquate kausale Folge einer Angebotserstellung unter den Bedingungen des Amazon-Marktplatzes und ist daher der Beklagten zuzurechnen. Der Tatbeitrag liege insoweit in der Einstellung des Verkaufsangebotes unter der bereits vorhandenen ASIN, wodurch die Beklagte eine eigene Entscheidungsbefugnis und Herrschaft über die Rechtsverletzung gehabt habe.

Gegen dieses Urteil legte die Beklagte Berufung ein.

Die Beklagte berief sich innerhalb der Berufung darauf, dass das Landgericht in der ersten Instanz zu Unrecht die Einschlägigkeit des § 19 a UrhG bejaht habe, obwohl diese Vorschrift voraussetze, dass sich die zur Zugänglichmachung benutze Vervielfältigung des Werkes in der Zugriffssphäre des Bereithaltenden befinde. Dies sei vorliegend nicht der Fall gewesen, weil die Beklagte unstreitig die Lichtbilder weder auf dem eigenen Server oder Rechner gespeichert habe und sie auch nicht selbst auf dem Amazon-Marketplace hochgeladen habe. Ebenfalls scheide die Verletzung eines unbenannten Rechts zur öffentlichen Wiedergabe aus, weil die Beklagte keine eigene Wiedergabehandlung vorgenommen habe.

Das OLG Köln entschied, dass die Berufung der Beklagten keine Aussicht auf Erfolg habe und wies die Berufung zurück.

Das Landgericht habe im Ergebnis zutreffend angenommen, dass unserer Mandantschaft sowohl ein Unterlassungsanspruch wegen der Nutzung der streitgegenständlichen Bilder als auch ein hierdrauf beruhender Schadensersatzanspruch zustehe. Das Urteil des Landgerichts wurde dahingehend jedoch leicht abgeändert, dass nunmehr auf eine öffentliche Wiedergabe anstatt einer öffentlichen Zugänglichmachung abgestellt wurde.

Der Tatbestand der öffentlichen Zugänglichmachung ist nach Ansicht des OLG Köln weder in Täterschaft noch in Teilnahme erfüllt:

Insoweit entspricht es gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass sich das urheberrechtlich geschützte Werk in der Zugriffssphäre des Vorhaltenden befinden muss, um eine Handlung nach § 19a UrhG anzunehmen (vgl. nur BGH GRUR 2013, 818, 819 Rn. 8 - Die Realität I m.w.N.). Wenn, so der BGH, allein der Inhaber der fremden Internetseite darüber entscheide, ob das auf seiner Internetseite bereitgehaltene Werk für die Öffentlichkeit zugänglich bleibe, fehle es an einem öffentlichen Zugänglichmachen, ohne dass es darauf ankomme, ob sich der Nutzende das Werk zu eigen mache (BGH, a.a.O., Rn. 9).“

Im vorliegenden Falle habe die Verkäuferin, also die Beklagte, keinen Einfluss darauf, welche Bilder mit der von ihr zur Identifizierung des Produktes verwendeten ASIN verknüpft sind. Vielmehr werde die Entscheidung durch Amazon selbst getroffen. So komme auch keine mittäterschaftliche Haftung durch das „Anhängen“ in Betracht.

Jedoch liegt nach der Ansicht des OLG Köln eine Verletzung eines unbenannten Rechts der Klägerin zur öffentlichen Wiedergabe (§ 15 Abs. 2 UrhG) durch das Einstellen des Angebots seitens der Beklagten vor:

Eine solche öffentliche Wiedergabe liegt im Streitfall darin, dass die Beklagte durch das Einstellen des Angebots des Buchs „Kunstmaschinen“ auf amazon.de unter der bereits bestehenden ASIN eine Verknüpfung der Produktfotos, darunter diejenigen der Klägerin, mit den von ihr feilgebotenen Produkten bewirkt hat.

Der Begriff der Wiedergabe ist im Blick auf das Hauptziel der RL 2001/29/EG, ein hohes Schutzniveau für die Urheber, weit zu verstehen. Er erfasst jede Übertragung eines geschützten Werkes unabhängig vom eingesetzten technischen Mittel oder Verfahren. Eine Wiedergabe setzt voraus, dass der Nutzer in voller Kenntnis der Folgen seines Verhaltens – also absichtlich und gezielt – Dritten einen Zugang zum geschützten Werk verschafft, ohne dass es darauf ankommt, ob die Dritten den Zugang nutzen. Ein solcher Zugang wird geschaffen, wenn auf einer Internetseite anklickbare Links zu geschützten Werken bereitgestellt werden, die auf einer anderen frei zugänglichen Internetseite veröffentlicht sind (BGH GRUR 2018, 178, 182 Rn. 30 m.w.N. - Vorschaubilder III).

Gemessen hieran stellt das Einstellen des Angebots durch die Beklagte, das infolge der Nutzung einer ASIN mit einer automatischen Verlinkung auf die Bilder der Klägerin einherging, eine Wiedergabe in diesem Sinne dar. Denn hierdurch wurde ein neues Produkt eingestellt, das wiederum Nutzer von amazon.de dazu animieren sollte, sich die Produktseite und damit zugleich die zugehörigen Fotografien, darunter die Werke der Klägerin, anzusehen. Genau mit einer solchen Bebilderung rechnete die Beklagte (im obigen Sinne einer vollen Kenntnis der Folgen ihres Verhaltens) auch ersichtlich, weil dies gerade die allgemein bekannte Funktionsweise bei Nutzung der Webseite amazon.de ist. Auf die konkrete Kenntnis von den einzelnen zugänglich gemachten Werken kommt es - insoweit anders als im Rahmen von § 19a UrhG und den dort maßgeblichen Begriffen von Täterschaft und Teilnahme - nicht an.“

Insbesondere betonte das Gericht nochmals, dass der Einwand der Beklagten, dass derartige Überprüfungspflichten ins Leere liefen, weil hier keine Möglichkeiten zur Entfernung von beanstandeten Lichtbildern zur Verfügung stünden, sich nicht verfängt. Hier seien Einflussmöglichkeiten in Betracht zu ziehen, die der Beklagten aus dem allgemeinen Vertragsverhältnis mit Amazon.de zustehen. So sei es auch zumutbar, notfalls gerichtliche Schritte einzuleiten.

Zu betonen ist hier jedoch insbesondere, dass der Senat im vorliegenden Falle die Revision für die Beklagte zuließ, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung habe und die Fortbildung eines Rechts sowie die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts fordert.

Die hier zu entscheidende Rechtsfrage, ob ein auf dem Marketplace von Amazon.de tätiger Verkäufer wie die Beklagte eine Nutzungshandlung in Form der öffentlichen Wiedergabe begeht, wenn in Folge der Angabe einer ASIN durch den Verkäufer automatisiert eine Verknüpfung des angebotenen Produktes mit einem urheberrechtlich geschützten Lichtbild hergestellt wird, ohne dass der Verkäufer zuvor auf die Auswahl der Lichtbilder Einfluss nehmen kann, ist bislang höchstrichterlich noch nicht geklärt.

Hierbei muss darauf hingewiesen werden, dass die Entscheidung des OLG Köln eine enorme Auswirkung, insbesondere für solche Händler auf Amazon hat, welche in großen Mengen automatisiert Angebote schalten.

Wir vertreten seit vielen Jahren Händler auf bekannten Plattformen wie Amazon. Sollten auch Sie eine rechtswidrige Bildverwendung Ihrer Bilder auf Amazon erblicken, stehen wir Ihnen bundesweit mit unserer Hilfe zur Verfügung. Gleiches gilt selbstverständlich bei der Abmahnung etwaiger urheberrechtlicher Abmahnungen.

Wir freuen uns auf Ihre Kontaktaufnahme.

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