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Freilichtbühne, Theater, Musical, Film oder Schauspiel - Gefahren für Kulturveranstaltungen durch das Urheberrecht

Der nachfolgende Artikel stellt eine grobe Zusammenfassung eines Vortrags von Rechtsanwalt Jan B. Heidicker, u.a. Fachanwalt für Urheberrecht und Medienrecht, vor dem Verband Deutscher Freilichtbühnen im Februar 2017 dar. Er befasst sich mit den typischen Gefahren für Freilichtbühnen und Theatern, Musicalaufführungen im Spannungsfeld zum Urheberrecht.

Aufgrund der immer weiter fortschreitenden Digitalisierung und der Tatsache, dass das Internet in der heutigen Zeit als Fluch und Segen zugleich anzusehen ist, haben auch immer mehr Freilichtbühnen mit der Problematik zu kämpfen, dass möglich begangene Urheberrechtsverletzungen durch Dritte entdeckt werden.

Dieser Beitrag soll die Verantwortlichen der Freilichtbühnen dazu veranlassen, für mögliche Urheberrechtsverletzungen im Rahmen der Aufführung selbst sowie auch insbesondere im Rahmen der Bewerbung des jeweiligen Stückes sensibilisiert zu werden.

1.  Einordnung des „Freilichtbühnenstückes im Ganzen“ unter die urheberrechtlichen Vorschriften

Zunächst ist es wichtig und entscheidend zu verstehen, wie und ob das Freilichtbühnenstück im Rahmen der urheberrechtlichen Vorschriften geschützt ist. § 2 des UrhG zeigt exemplarisch die durch das Urheberrecht geschützten Werkarten auf. Darunter fallen beispielsweise Sprachwerke, Werke der Musik, Werke der Tanzkunst sowie auch Lichtbildwerke. Weitere Voraussetzung für das Vorliegen eines Werkes ist, dass es sich bei dem konkreten Werk um eine sogenannte persönliche geistige Schöpfung handelt. Dies bedeutet, dass sich das entsprechende Werk von dem Alltäglichen, dem Durchschnittlichen entscheidend absetzen muss. Das Freilichtbühnenstück dürfte diese Voraussetzung regelmäßig erfüllen.

Neben den in § 2 UrhG geschützten Werken sieht das Urhebergesetz auch einen Schutz für sogenannte Leistungsschutzrechte vor. Hierzu zählt beispielsweise der gesondert kodifizierte Schutz des Lichtbildners oder auch des ausübenden Künstlers. Die sogenannten Leistungsschutzrechte unterscheiden sich von den geschützten Werken i. S. d. § 2 UrhG dadurch, dass diese ipso jure, d. h. von Gesetzes wegen, Schutz erfahren. Hierbei ist es nicht nötig, dass es sich bei diesen Leistungsschutzrechten um sogenannte persönliche geistige Schöpfungen handelt.

Nach der Rechtsprechung handelt es sich bei Theaterstücken mit Musik oder Musicals regelmäßig um sogenannte verbundene Werke gemäß § 9 UrhG. Danach liegt einerseits ein Sprachwerk i. S. d. § 2 Abs. 1 Nr. 1 UrhG sowie ein Musikwerk i. S. d. § 2 Abs. 1 Nr. 2 UrhG vor.

Die für die Freilichtbühne entsprechend erforderliche Verwertungshandlung ist geregelt in § 19 Abs. 2 UrhG. Danach steht dem Urheber das alleinige Recht zu, ein Werk öffentlich bühnenmäßig darzustellen.

Hierbei handelt es sich gleichzeitig um dasjenige Recht, welches durch Verlage oder Autoren von geschriebenen Stücken der Freilichtbühne eingeräumt werden muss, um durch die Aufführung keine Urheberrechtsverletzung zu begehen.

Liegt das Recht zur bühnenmäßigen Aufführung nicht bei dem einräumenden Verlag oder Autor, stehen dem originären Rechteinhaber Ansprüche auf Unterlassung, Schadenersatz sowie möglicherweise auch auf Auskunft zu. Unabhängig davon, ob der Bühne bekannt war, dass es möglicherweise Probleme mit den Rechten gibt, steht dem Rechteinhaber ein verschuldensunabhängiger Unterlassungsanspruch gegenüber der Bühne zu. Für die Frage des Bestehens eines Lizenzschadenersatzanspruches muss jedoch Verschulden vorliegen. Jedoch ist dies aufgrund der strengen Rechtsprechung in nahezu allen Fällen gegeben, da die Rechtsprechung vom Verwerter grundsätzlich verlangt, dass er sich im Hinblick auf die bestehenden Rechte umfassend informiert. Die Anforderungen an eine Exkulpation sind enorm hoch, so dass es in nahezu keinen Fällen gelingen wird, einen etwaigen Lizenzschadenersatz zu verhindern.

Jede Freilichtbühne stellt sich insbesondere in der Saisonvorbereitung bei der Auslotung neuer Stücke die Frage, inwieweit die Übernahme von bereits bekannten Stücken erlaubt ist. Juristisch genauer formuliert stellt sich die Frage, welche inhaltlichen Anforderungen an eine tatsächliche Verletzung, also an eine Verletzung des bühnenmäßigen Aufführungsrechtes, gestellt werden. Hierzu ist auf eine bekannte BGH-Entscheidung aus dem Jahre 2008 zu verweisen (Musical Starlights – BGH, Urteil vom 03.07.2008, Az. I ZR 204/05). Der BGH hatte sich in dieser Entscheidung mit der Frage zu befassen, ob in der Aufführung einzelner Passagen aus bekannten Musicals in aneinander gereihter Reihenfolge eine Verletzung des Urheberrechtes der Firma Walt Disney zu sehen ist.

Der BGH hatte dies in der Sache bejaht und eine Verletzung der bühnenmäßigen Darstellungsrechte der Firma Walt Disney als gegeben angesehen. Hierzu hat er zunächst aufgeführt, dass eine bühnenmäßige Darstellung nach § 19 Abs. 2 UrhG dann gegeben ist, wenn ein gedanklicher Inhalt durch ein für das Auge oder für Auge und Ohr bewegtes Spiel im Raum dargeboten wird.

Der Bundesgerichtshof hat hierbei ausdrücklich darauf abgestellt, dass der wesentliche Handlungsablauf des geschützten Werkes für den unbefangenen Betrachter erkennbar bleibt, so dass hierin eine Verletzung der Urheberrechte von Walt Disney zu sehen ist. Für einen Ausschluss einer Urheberrechtsverletzung genügt es auch nicht, dass ein Abweichen lediglich in Einzelteilen erfolgt. Entscheidend ist vielmehr, ob die Aufführung und das benutzte Werk in ihrem geistigen ästhetischen Gesamteindruck übereinstimmen. Auch eine nur kurze Wiedergabe genügt, soweit der Handlungsablauf eines Stückes zu erkennen ist.

Die Entscheidung des Bundesgerichtshofes zeigt, dass lediglich geringe Anforderungen an den Verletzungstatbestand zu stellen sind. Faktisch genügen für eine Urheberrechtsverletzung kleinste Übernahmen. Für eine rechtmäßige Verwendung muss eine derartige Bearbeitung des Stückes vorliegen, dass das Original hinter dem gespielten Stück der Freilichtbühne „verblasst“.

2.  Rechteeinräumung und Gefahren

Wie bereits oben ausgeführt, bedarf es für die wirksame – nicht urheberrechtswidrige – Einräumung der Rechte der konkreten Einräumung des sogenannten Aufführungsrechtes nach § 19 UrhG. Hierbei ist zu bedenken, dass bei der Einräumung durch einzelne Autoren bei der Verwendung von beispielsweise „Musik“ auch das diesbezügliche Recht bei der Plattenfirma, also dem sogenannten Tonträgerhersteller, eingeholt wird. Denn der Autor wird diese Rechte im Zweifel nicht besitzen, wenn dieser die Musik selber nicht geschrieben hat und dieser sich dieser bedienen möchte. In diesem Zusammenhang ist ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass auch etwaige Zahlungen an die GEMA die Bühne nicht davon entlasten bei der Aufführung der Musik eine entsprechende Urheberrechtsverletzung zu begehen. Denn die Aufführungsrechte werden durch die Tonträgerhersteller gerade nicht im Rahmen des Rechtewahrnehmungsvertrages an die GEMA übertragen. Hieraus folgt, dass diese Rechte sodann auch trotz Bezahlung nicht bei der entsprechenden Bühne liegen.

Insofern ist es von entscheidender Bedeutung, dass diesbezüglich die entsprechenden Rechte gesondert eingeholt werden.

Zu bedenken ist ferner, dass bei der Einräumung des bühnenmäßigen Aufführungsrechtes nur dieses Recht eingeräumt wird und es damit der Bühne auch nicht erlaubt ist, beispielsweise das Stück im Internet zu veröffentlichen. Hierfür wäre exemplarisch die sogenannte Einräumung des Rechtes der öffentlichen Zugänglichmachung nötig.

Im Falle einer Urheberrechtsverletzung, die möglicherweise dadurch entsteht, dass durch einen Autor Rechte eingeräumt werden, die diesem nicht zustehen, besteht für die Bühne die Möglichkeit, sich nach erfolgter Abmahnung durch den Rechteinhaber im Wege des Regresses an diesen Autor zu halten. Handelt es sich um einen Autor und nicht um einen Verlag, was regelmäßig im Falle einer Urheberrechtsverletzung der Fall sein dürfte, sollte hier bei der Rechtsverfolgung insbesondere das Insolvenzrisiko des entsprechenden Autors bedacht werden.

Abschließend ist darauf hinzuweisen, dass der Verfasser unbedingt eine fachanwaltliche Beratung bereits bei Vertragsschluss mit dem Rechteinhaber anrät. Des Weiteren sollte stets ein kritisches Nachfragen hinsichtlich des Bestehens der Rechte erfolgen. Dieses kritische Nachfragen sollte auch dokumentiert und durch beide Vertragsparteien gegengezeichnet werden. Sollte es zu einem Verletzungsfall, d. h. zum Zugang einer Abmahnung gekommen sein, ist es von entscheidender Bedeutung, dass die Bühne keinerlei Kontaktaufnahme zum Gegenanwalt oder zum Rechteinhaber aufnimmt. Überlassen Sie dies Ihrem Rechtsbeistand, bei dem es sich im besten Fall um einen spezialisierten Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht handeln sollte. Sollten auch Sie als Theater, Freilichtbühne, Musicalveranstalter, Autor Fragen oder Probleme in diesem Bereich haben, steht Ihnen Rechtsanwalt Heidicker mit seiner Kompetenz und Erfahrung bundesweit zur Seite.

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