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Wann haften Facebook, Blogbetreiber, Bewertungsportale und Co.? - Hostproviderhaftung

Der Begriff der Hostproviderhaftung befasst sich mit der bedeutsamen Frage, wann Diensteanbieter, welche fremde Inhalte anbieten, in Anspruch genommen werden können, wenn einer ihrer Nutzer durch das Veröffentlichen von rechtswidrigen Inhalten beispielsweise in Persönlichkeitsrechte oder Urheberrechte eines Dritten eingreift.

Gerade in der heutigen Zeit, in der wohl Jedermann ständig von Hasskommentaren, einfachen Beleidigungen, Verleumdungen oder auch Urheberrechtsverletzungen im Internet hört, findet diese Frage immer mehr Bedeutung. Die Frage gilt sowohl für Privatpersonen, die Adressaten einer rechtswidrigen Handlung werden, wie auch gegenüber Unternehmen, die beispielsweise durch ungerechtfertigten Bewertungen Ihrer Kunden Schaden erfahren.

Der Bundesgerichtshof hat in einer aktuellen Entscheidung (Urteil vom 01. März 2016 – VI ZR 34/15 –)  eindeutige Maßstäbe definiert, nach denen Contentanbieter wie beispielssweise Facebook & Co für rechtswidrige Inhalte neben dem unmittelbaren Täter als Störer haften. 

Die Leitsätze des BGH 

„1. Ein Hostprovider ist zur Vermeidung einer Haftung als mittelbarer Störer grundsätzlich nicht verpflichtet, die von den Nutzern ins Netz gestellten Beiträge vor der Veröffentlichung auf eventuelle Rechtsverletzungen zu überprüfen. Er ist aber verantwortlich, sobald er Kenntnis von den Rechtsverletzungen erlangt. 

2. Ist der Hostprovider mit der Behauptung eines Betroffenen konfrontiert, ein von einem Nutzer eingestellter Beitrag verletze ihn in seinem Persönlichkeitsrecht, und ist die Beanstandung so konkret gefasst, dass der Rechtsverstoß auf der Grundlage der Behauptung des Betroffenen unschwer bejaht werden kann, so ist eine Ermittlung und Bewertung des gesamten Sachverhalts unter Berücksichtigung einer etwaigen Stellungnahme des für den beanstandeten Beitrag Verantwortlichen erforderlich. 

3. Zur Bestimmung, welcher Überprüfungsaufwand vom Hostprovider im Einzelfall zu verlangen ist, bedarf es einer umfassenden Interessenabwägung, bei der die betroffenen Grundrechte der Beteiligten zu berücksichtigen sind. Maßgebliche Bedeutung kommt dabei dem Gewicht der angezeigten Rechtsverletzung sowie den Erkenntnismöglichkeiten des Providers zu. Zu berücksichtigen sind aber auch Funktion und Aufgabenstellung des vom Provider betriebenen Dienstes sowie die Eigenverantwortung des für die persönlichkeitsbeeinträchtigende Aussage unmittelbar verantwortlichen - ggf. zulässigerweise anonym auftretenden - Nutzers. 

4. Der vom Betreiber eines Arztbewertungsportals verlangte Prüfungsaufwand darf den Betrieb des Portals weder wirtschaftlich gefährden noch unverhältnismäßig erschweren, hat aber zu berücksichtigen, dass eine gewissenhafte Prüfung der Beanstandungen von betroffenen Ärzten durch den Portalbetreiber eine entscheidende Voraussetzung dafür ist, dass die Persönlichkeitsrechte der (anonym oder pseudonym) bewerteten Ärzte beim Portalbetrieb hinreichend geschützt sind.“ 

Relevanz dieser Leitsätze im Einzelnen

Diese zitierten Leitsätze haben für das Vorgehen gegen Facebook und Co große Relevanz und wirken sich, jeder für sich, nicht unerheblich für Jedermann aus, der sich mit Persönlichkeitsrechtsverletzungen im Internet konfrontiert sieht. 

1. Art und Umfang der Hostproviderhaftung

Wer in seinem Persönlichkeitsrecht verletzt worden ist, kann denjenigen, der dieses Recht verletzt, grundsätzlich auf Unterlassung in Anspruch nehmen. Dieser Unterlassungsanspruch hat die Löschung des fraglichen Kommentars zur Folge. Der Nutzer, der diesen Kommentar abgegeben hat, haftet zunächst als sogenannter unmittelbarer Störer bzw. Täter.

Doch was ist, wenn dieser nicht reagiert oder schlichtweg nicht ausfindig zu machen ist?

Der Löschungsanspruch bezüglich eines „Hasskommentars“ ist in dieser Situation zwar gegeben, aber faktisch nicht durchsetzbar.

In diese Kerbe schlägt das Urteil des BGH. Es eröffnet die Möglichkeit gegen den Hostprovider als mittelbaren Störer vorzugehen, und von diesem die Löschung zu verlangen.

Diese Möglichkeit besteht aber nicht uneingeschränkt. Schließlich kann von Facebook und Co nicht erwartet werden, dass der Hostbetreiber von sich aus sämtliche Kommentare, welche Rund um die Uhr hochgestellt werden, lesen und überprüfen.

Der BGH drückt dies wie folgt aus: „Die Haftung als mittelbarer Störer darf nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung aber nicht über Gebühr auf Dritte erstreckt werden, welche die rechtswidrige Beeinträchtigung nicht selbst vorgenommen haben“.

Die Entscheidung bestimmt aber auch, ab wann der Hostbetreiber in die Haftung hineinwächst. Der Hostbetreiber wird demnach dann zum mittelbaren Störer, der in Anspruch genommen werden kann, wenn er seine Prüfpflichten verletzt.

Deren Umfang bestimme sich laut BGH danach, ob und inwieweit dem Hostprovider nach den Umständen des Einzelfalls eine Verhinderung der Verletzung durch den Nutzer zuzumuten ist.

Eine Prüfung vor Veröffentlichung der Kommentare sei dabei stets schlichtweg nicht zumutbar.

Prüfpflichten für den Provider entstehen, sobald er Kenntnis von der Rechtsverletzung erlangt hat.

Es ist daher unerlässlich, das ein Betroffener dem Provider die Rechtsverletzung unverzüglich anzeigt.

Daraufhin wird es für diesen zumutbar im konkreten Einzelfall eine Prüfung vorzunehmen.

Bleibt er dennoch untätig, so fördert er die bereits begangene Rechtsverletzung und haftet selbst als mittelbarer Störer, gegen den rechtlich vorgegangen werden kann.

2. Wann und wie genau hat der Provider auf einen derartigen Hinweis im Allgemeinen zu reagieren?

Der Hostprovider ist auf Anzeige hin jedoch nicht unmittelbar verpflichtet, den entsprechenden Kommentar zu entfernen. Dies folgt aus dem Umstand, dass nicht jede vermeintliche Persönlichkeitsrechtsverletzung sich auch tatsächlich als eine solche darstellt.

Sofern der Kommentar ein Werturteil darstellt, ist nämlich auch dieses grundsätzlich gemäß Artikel 5 Abs. 1 GG, also im Rahmen der Meinungsfreiheit, geschützt.

Ist der Fall jedoch eindeutig, war die Anzeige an den Provider hinreichend konkret gefasst, und ließ sie den behaupteten Rechtsverstoß unschwer erkennen, so ist der Provider zunächst zur Ermittlung und Bewertung des gesamten Sachverhalts unter Berücksichtigung einer etwaigen Stellungnahme des für den beanstandeten Beitrags Verantwortlichen gehalten.

3. Ist der Hostprovider im konkreten Einzelfall auch seiner Prüfpflicht nachgekommen?

An dieser Stelle wird klar, dass es nicht so einfach ist wie erhofft gegen den Hostprovider vorzugehen.

Die bisher dargelegten Grundzüge der Entscheidung vermitteln nur die allgemeinen Pflichten, die den Hostprovider im Fall einer Persönlichkeitsrechtsverletzung durch einen seiner Nutzer treffen.

Durch das bereits benannte Merkmal der „Zumutbarkeit“ variieren die dargelegten Prüfpflichten jedoch von Fall zu Fall. Dadurch wird es für den Nichtrechtskundigen erheblich erschwert sein Recht durchzusetzen.

Der BGH hat entschieden, dass es zur Bestimmung, welcher Überprüfungsaufwand vom Hostprovider im Einzelfall zu verlangen ist, einer umfassenden Interessenabwägung, bei der insbesondere die betroffenen Grundrechte der Beteiligten zu berücksichtigen sind, bedarf.

Eine solche Bewertung kann und sollte daher nur von einem Rechtsanwalt vorgenommen werden, der sich auf solche Fälle spezialisiert hat, und somit eine taugliche und versierte Einschätzung abgeben kann, ob ein Vorgehen gegen den Hostprovider erfolgsversprechend ist.

4. Relevanz auch bei Bewertungsportalen

Wer an Hostprovider und Persönlichkeitsrechtsverletzungen denkt, der denkt in der Regel an „Hasskommentare“ bei Facebook und Co. Diesbezüglich gibt das neue Netzwerkdurchsetzungsgesetz ebenfalls sehr gute Möglichkeiten an die Hand. Auch hier wird Sie ein Fachanwalt für IT-Recht oder Urheber und Medienrecht bestens beraten können.

Die Entscheidung des BGH erstreckt sich  auf Bewertungsportale. Dies ist insbesondere bedeutsam für diverse Berufsgruppen wie Lehrer, Ärzte, natürlich für Unternehmer, Onlinehändler, die mitunter durch haltlose Negativkommentare oder Bewertungen in ihrem Unternehmen oder Gewerbebetrieb geschädigt werden. 

Zusammenfassung

Der Hostprovider kann neben dem Nutzer, der einen Kommentar unmittelbar erstellt und hochgeladen hat, haften.

Seine Haftung ist jedoch zunächst davon abhängig, dass er von dem in Frage stehenden Kommentar Kenntnis erlangt. Aus dieser Kenntniserlangung resultieren Prüfpflichten für den Provider. Erst wenn der Provider diese Prüfpflichten verletzt, also insbesondere den Kommentar irrig für rechtmäig hält, kann er selbst als Störer in Anspruch genommen werden.

Der Umfang dieser Prüfpflichten ist jedoch von Einzelfall zu Einzelfall anders. Aus diesem Grund sollte ein privates Vorgehen gegen den Hostprovider unterbleiben. Es ist desshalb zu raten, sich an einen Fachanwalt für IT-Recht oder Urheber- und Medienrecht zu wenden, um möglichst große Erfolgsaussichten beim Vorgehen gegen den Hostprovider zu erzielen.

Was können gerade wir für Sie tun?

Wir sind auf Internetrecht hoch spezialisiert. Wir sind eine Fachanwaltskanzlei für Urheber- und Medienrecht sowie für IT-Recht. Auch unsere Expertise als Fachanwälte für gewerblichen Rechtsschutz rundet unsere Spezailisierung auf Probleme dieser Art ab. Da wir aufgrund unserer Fachanwaltschaften einer ständigen Fortbildungspflicht unterliegen, dürfen wir Ihnen versichern, dass Sie mit Ihrem Problem bei uns an der richtigen Stelle sind. Lassen Sie sich bitte auf keine Experimente ein, wir helfen Ihnen bundesweit in unseren Kernkompetenzfeldern.

Schildern Sie uns gerne zunächst völlig unverbindlich Ihr Problem, wir entwickeln gerne mit Ihnen gemeinsam eine Strategie, mit der wir für Sie so schnell und so kostengünstig wie möglich an Ihr Ziel, nämlich Ihren Rechtsfrieden, kommen.

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