Oops, wer hat das Formular gegessen?

Ratschläge für die richtige Verhaltensweise im Ermittlungsverfahren

Ist das Erscheinen zu einer polizeilichen oder staatsanwaltlichen Vernehmung Pflicht?

Rechte und Pflichten des Beschuldigten bei der Vorladung durch Polizei, Staatsanwaltschaft und Gericht.

In der strafrechtlichen Praxis stellen sich Beschuldigte im Rahmen eines gegen Sie geführten Ermittlungsverfahrens immer wieder die Frage, ob sie einer Vorladung der Polizei oder Staatsanwaltschaft Folge leisten müssen. Hierbei muss zunächst zwischen der Vorladung zur Polizei und der zur Staatsanwaltschaft unterschieden werden.

I. Vorladung durch die Polizei

Eine Pflicht zum Erscheinen bei der Polizei nach Erhalt einer Vorladung besteht im Gegensatz zur landläufigen Meinung in der Bevölkerung nicht. Dies folgt aus einem Umkehrschluss aus § 163 a III StPO, der nur die Verpflichtung zum Erscheinen bei einer Ladung durch die Staatsanwaltschaft oder eines Richters vorsieht. Die Vermutung zum Erscheinen bei der Polizei  verpflichtet zu sein, wird auch nicht durch die schriftlichen Vorladungsformulare der Polizei aus der Welt geschafft. Ein entsprechender Hinweis, dass eine Verpflichtung zum Erscheinen nicht besteht, ist ihnen nämlich nicht zu entnehmen und auch nicht gesetzlich vorgesehen.

II. Vorladung durch die Staatsanwaltschaft/Gericht

Im Gegenzug besteht bei einer Ladung durch die Staatsanwaltschaft oder einer Ladung zur richterlichen Vernehmung  die Pflicht zum Erscheinen. Hierbei hat die Staatsanwaltschaft sowie der vernehmende Richter das Recht, das Erscheinen im Wege der Vorführung mit einem Vorführungsbefehl zu erzwingen. Wer den Beschuldigten vernimmt – Staatsanwaltschaft oder Polizei – steht im Ermessen der Strafverfolgungsbehörden. Das Schweigerecht des Beschuldigten wird durch die Möglichkeit der Erzwingung selbstverständlich nicht berührt, was durch die Verweise in § 163 a StPO auf die Vorschriften des Schweigerechts ausdrücklich normiert ist.

III. Zweckmäßiges Vorgehen

Einem Beschuldigten im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens kann grundsätzlich nur geraten werden, einer Vorladung der Polizei – zumindest ohne vorherige Beratung durch einen Strafverteidiger – nicht  nachzukommen bzw. keine Aussage zu tätigen und damit von seinem Schweigerecht Gebrauch zu machen. Dasselbe gilt bei einer Vorladung durch die Staatsanwaltschaft, wobei er hierbei zum Erscheinen  verpflichtet ist. Hier kann möglicherweise ein Anruf bei der Staatsanwaltschaft unter Hinweis darauf, dass der Beschuldigte von seinem Schweigerecht Gebrauch machen wird, dazu beitragen, dass von einer Vorladung abgesehen wird.

Warum sollte von einer Aussage abgesehen werden?

Die Weichen für den Ausgang des Strafverfahrens werden bereits im Ermittlungsverfahren gestellt. Hierzu zählt vor allem die obligatorische Beschuldigtenvernehmung, die den Anspruch des Beschuldigten auf rechtliches Gehör gewährleisten soll. Der Grund, warum grundsätzlich von einer Aussage ohne Hinzuziehung eines Strafverteidigers abgesehen werden sollte, liegt auf der Hand. Der in der Regel mit Vernehmungstechniken unerfahrene Beschuldigte sieht  sich   einem erfahrenen Beamten gegenüber, der insbesondere in den Bereichen der Vernehmungstaktik geschult sein wird. Dies birgt die Gefahr einer ungewollten und für das weitere Verfahren nachteilhaften Verstrickung, welche nicht gewollt und vom Beschuldigten möglicherweise im Moment der Vernehmung gar nicht gesehen wurde.

Vielmehr muss dem Beschuldigten angeraten werden, dass er sich hinsichtlich der Vernehmung und des weiteren Verfahrens eines Strafverteidigers bedient. Dieser kann sodann einschätzen, ob eine Einlassung im Ermittlungsverfahren Sinn macht oder nicht. Diese Frage ist einzelfallabhängig und kann pauschal nicht beantwortet werden. Gelangt der Verteidiger aber zu dem Ergebnis, dass eine Einlassung abgegeben werden soll, wird er für den Beschuldigten eine entsprechende schriftliche Einlassung abgeben. Dies hat den Vorteil, dass diese Erklärung in einer späteren Hauptverhandlung nicht förmlich im Wege des Urkundenbeweises als Beweismittel eingeführt werden kann, da es sich nicht um eine Einlassung des Beschuldigten handelt. Jedoch ist hier auch der Verteidiger in der Pflicht. Es ist ihm unter Strafandrohung nicht gestattet, den Sachverhalt zu „verdrehen", indem er bewusst falsche Tatsachen vorträgt. Jedoch ist er natürlich nicht verpflichtet, belastende Umstände für seinen Mandanten zu offenbaren.

Fazit:

  1. Der Beschuldigte ist nicht verpflichtet einer polizeilichen Ladung nachzukommen!
  2. Der Beschuldigte ist verpflichtet einer staatsanwaltlichen oder richterlichen Ladung nachzukommen, kann aber selbstverständlich auch hier von seinem Schweigerecht Gebrauch machen!
  3. Es muss dem Beschuldigten geraten werden, schon beim Erhalt einer Vorladung sich der Hilfe eines Verteidigers zu bedienen!
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